Press Releases - Pressemitteilungen


Press release of the solidarity committee for Hatip Dicle 

Kurdish parliamentarians boycott the first meeting of the Turkish National Assembly after the elections - international personalities show solidarity with Hatip Dicle and the Kurdish politicians

30 parliamentarians of the electoral block for Labour, Democracy and Freedom, with them Leyla Zana, boycotted the first meeting of the Turkish National Assembly on Tuesday. The reason: 5 Kurdish parliamentariens who had been admitted before, are now excluded from the parliament by an illegitimate juridical procedure on the ground that they are facing accusations and court cases.    

The mandate of Hatip Dicle, who already was arrested, together with Leyla Zana, in the 1990s, for ten years  -was taken away by the Supreme Electoral Board (YSK) illegally. Ibrahim Ayhan, Gülseren Yildirim, Selma Irmak, Faysal Sariyildiz and Kemal Aktas were excluded, upon the pretext that they have spoken in court in Kurdish which is forbidden in the Turkish National Assembly.    

Also the opposition party CHP refused to take part in the oath taking ceremony in  parliament for similar reasons. The parliamentarians of the electoral block plan weekly meetings as a group in Diyarbakir, until there is a solution to the conflict.  

"In a real democracy the highest political voice is the voice of the voters. A system that sets aside the result of an election only a few days after cannot be looked at as a real democracy. By revoking Hatip Dilce and other politicians membership of the parliament, the Turkish government is throwing petrol on the fire in stead of creating peace and prosperity for the Turkish society," comments Villo Sigurdson, former Mayor of Copenhagen.    

"It is indeed sad and very cynical that Mr Hatip Dicle was allowed to contest the elections in Turkey as a candidate, yet when he was elected, democratically, he is being denied his right and the rights of those who elected him, to represent his people in Parliament. This is not only against all the tenets of International Human Rights Law, but against Turkey's own Constitution. Mr Dicle should be allowed, forthwith, to exercise his democratic and constitutional rights to represent the people who elected him in the Turkish Parliament," Dr. Joey Moses, Advocate of the High Court of South Africa explains the juridical dimension.  

Enclosed you find the solidarity statement with Hatip Dicle, which was signed within 5 days by more than 200 personalities in public life (among them parliamentarians, lawyers, scientists) from Germany, Italy, Switzerland, England, the USA, Brazil, Scandinavia, India and many other countries
   

Pressemitteilung  des Solidaritätskomitees für Hatip Dicle

Kurdische ParlamentarierInnen boykottieren erste Sitzung der neu gewählten Türkischen Nationalversammlung – Internationale Persönlichkeiten solidarisieren sich mit Hatip Dicle und den Kurdischen PolitikerInnen

30 ParlamentarierInnen des Wahlblocks für Arbeit Demokratie und Freiheit, darunter die Sacharowpreisträgerin Leyla Zana, boykottierten am gestrigen Dienstag die erste Parlamentssitzung der Türkischen Nationalversammlung. Der Grund: 5 vor der Wahl zugelassenen kurdischen ParlamentarierInnen wurde, nachdem sie rechtmäßig gewählt waren, unter zu Hilfenahme von juristischen Verfahrenstricks und der Begründung, dass sie mit Anklagen konfrontiert sind, der Einzug ins Parlament verwehrt.

Hatip Dicle, der bereits in den 90er Jahren, gemeinsam mit Leyla Zana für zehn Jahre inhaftiert war, wurde das Mandat von der Hohen Wahlkommission widerrechtlich im Gesamt entzogen. İbrahim Ayhan, Gülseren Yıldırım, Selma Irmak, Faysal Sarıyıldız and Kemal Aktaş wird zum Teil, unter der Argumentation, dass sie vor Gericht Kurdisch gesprochen haben, der Einzug in die Türkische Nationalversammlung verwehrt.

Auch die Oppositionspartei CHP verweigerte aus ähnlichen Gründen die Vereidigung im Parlament. Die ParlamentarierInnen des Wahlblocks planen bis zu einer Lösung des Konflikts wöchentlich in Diyarbakir als Fraktion zu tagen.

"In einer realen Demokratie ist die bedeutendste Stimme, die Stimme der WählerInnen. Ein System, in dem das Wahlergebnis einige Tage nach den Wahlen entsorgt wird, kann nicht als reale Demokratie gesehen werden. Durch die Aberkennung der Parlamentsmandate von Hatip Dicle und weiteren PolitikerInnen, gießt die Türkische Regierung Öl ins Feuer anstatt der Türkischen Gesellschaft Frieden und Wohlstand zu ermöglichen," kommentiert Villo Sigurdson, ehem. Bürgermeister von Kopenhagen, die Vorgänge.

„Es ist wirklich traurig und zynisch, dass Hatip Dicle zuerst genehmigt wurde an den Wahlen in der Türkei teilzunehmen, wenn ihm und seinen WählerInnen, jetzt, nachdem er auf demokratischem Wege gewählt wurde, das Recht der Repräsentation im Parlament vorenthalten wird. Das verstößt nicht nur gegen das Völkerrecht sondern auch gegen die Türkische Verfassung. Herrn Hatip Dicle sollte unverzüglich erlaubt werden, sein demokratisches und durch die Verfassung gesichertes Recht wahrzunehmen, die Menschen, die ihn in das Türkische Parlament gewählt haben, zu repräsentieren,“ beschreibt Dr. Joey Moses, Anwalt des „High Court of South Africa“, die juristische Dimension.

Anbei finden Sie eine Solidaritätserklärung für Hatip Dicle, die in 5 Tagen von mehr als 200 Persönlichkeiten des Öffentlichen Lebens (darunter ParlamentarierInnen, JuristInnen, WissenschaftlerInnen) aus Deutschland, Italien, der Schweiz, England, den USA, Brasilien, Skandinavien, Indien und vielen weiteren Ländern unterzeichnet wurde.


Pressemitteilung vom 23.06.2011 
 
Hohe Wahlkommission entzieht dem unabhängigen kurdischen Kandidaten Hatip Dicle das Mandat - Besorgniserregende Eskalation der Situation durch die Türkische Regierung nach den Wahlen in der Türkei

Mit großer Besorgnis müssen wir feststellen, dass die Türkische Regierung und staatliche Behörden auch nach den Parlamentswahlen 2011 in der Türkei an einer Politik der Destabilisierung des Landes festhalten.

Der Hohe Wahlrat (YSK) der Türkei hat am Dienstag, den 21.06.2011, dem unabhängigen Kandidaten aus Diyarbakir, Hatip Dicle, das Mandat entzogen. H. Dicle wurde von 77 709 WählerInnen direkt in die Türkische Nationalversammlung gewählt. In der Türkei besitzen auch Inhaftierte das passive Wahlrecht – und werden im Falle einer Wahl aufgrund der so erlangten Immunität entlassen. 

Der Politiker, der bereits in den 90er Jahren, gemeinsam mit Leyla Zana eine 10 jährige Haftstrafe wegen kurdisch Sprechens im Parlament verbüßte, wurde im Rahmen des KCK Prozesses, aufgrund rechtlich unhaltbarer Vorwürfe, erneut inhaftiert. Bereits direkt vor der Wahl hatte die YSK Hatip Dicle zunächst von der Wahl ausgeschlossen, ihn jedoch nach Protesten wieder zugelassen.

„Während von kurdischer Seite eine Verlängerung des einseitigen Waffenstillstands verkündet und das Wahlergebnis, trotz dokumentierter Unregelmäßigkeiten, als Eckpfeiler für friedliche und demokratische Entwicklungen gedeutet wurde, hält die Regierung offenbar an einer Politik der Destabilisierung fest,“ kommentiert Jürgen Klute (MdEP, Die Linke) das Geschehen.

„Bereits vor den Wahlen wurden innerhalb von 3 Monaten mehr als 2000 Menschen aus dem Umfeld der Partei für Frieden und Demokratie (BDP) und dem Wahlblock für Arbeit, Demokratie und Freiheit festgenommen und nahezu täglich Militäroperationen durchgeführt. Der Entzug des Mandats von Hatip Dicle und bisher über 70 Festnahmen nach den Wahlen, lassen wenig Willen der Regierung zu einer, für eine friedliche Entwicklung, notwendigen Entspannung der Situation erkennen,“ so Andrej Hunko (MdB, Die Linke und Wahlbeobachter der parlamentarischen Versammlung des Europarats PACE)

„Jetzt, nach den Parlamentswahlen, wäre es ein deutliches Signal auch seitens der Türkischen Regierung, entscheidende Schritte für eine Demokratisierung und eine friedliche Lösung der kurdischen Frage zu unternehmen. Dazu wäre die Anerkennung des demokratischen Willens der kurdischen Bevölkerung eine Voraussetzung,“ so Bärbel Beuermann, MdL NRW, Die Linke.

„Der Entzug des Mandats von Hatip Dicle stellt einen Angriff auf den geäußerten demokratischen Willen der Bevölkerung da. Erneut zeigt sich das es große Demokratiedefizite in der Türkei gibt. Europa muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass die sogenannten Reformen von Ministerpräsident Erdogan zu einem Präsidialsystem und weiterem Zentralismus führen. Dies ist nicht im Sinne einer Demokratisierung und schädlich für den Weg der Türkei nach Europa,“ so Ingrid Remmers, MdB, Die Linke.
 
In diesem Sinne würden wir die, aufgrund eines eingelegten Widerspruches mögliche Revidierung der Entscheidung des YSK und die Anerkennung des Mandates von Hatip Dicle, als einen wichtigen Schritt zu einer perspektivischen friedlichen und demokratischen Entwicklung der Türkei begrüßen.

Jürgen Klute (MdEP, Die Linke - GUE/NGL)
Andrej Hunko (MdB, Die Linke und Wahlbeobachter der Parlamentarischen Versammlung des Europarats)  
Ingrid Remmers (MdB, Die Linke)
Harald Weinberg (MdB, Die Linke)
Bärbel Beuermann (MdL NRW, Die Linke)
Martin Dolzer (Soziologe)
Britta Eder (Rechtsanwältin)

 
BDP Europe
Press Release 23rd of June 2011
 
With the decision of YSK (Supreme Electoral Board), BDP supported Labour, Freedom and Democracy Bloc’s independent candidate Mr. Hatip Dicle’s mandate in the TBMM (Turkey Great National Assembly) has been taken from him because of his 20 months prison sentence. This sentence was executed only three days before the General Election by the Ankara 11th High Criminal Court. The YSK’s decision was taken unanimously on 21.06.2011. Mr. Dicle has been elected in Amed (Diyarbakir) with a record number of votes (11.17% of the votes in Amed). This decision is a denial of the people’s will and a declaration of war against Kurdish People.

Dicle, who was already elected in 1991, had his privilege of immunity revoked on March 2nd, 1994, and he has been detained for 10 years with other former MPs of DEP (Democracy Party): Leyla Zana, Orhan Dogan and Selim Sadak. After a conviction of European Court of Human Rights they were released. Then, it has been understood that they have remain in prison 4 years more, after an amendment in Turkish Criminal Law Before the General Election of June 12nd the YSK already provocated the Kurdish voters and put a ban on 8 independent candidates who were supported by the BDP. After heavy demonstrations and resistance of the Kurdish People the YSK reinstated the candidates. Hatip Dicle was one of those banned candidates. YSK took yet another decision that will drag Turkey to darkness. 

Allowing Mr. Dicle to be a candidate but refusing to let him join the Assembly after he was elected is playing with the will of the people. This decision means the denial of the will of 78.220 voters. The ban is not only put on Mr. Dicle but also on the Kurdish people he represents. This decision is legally wrong and it is obvious that is was instructed by the Assembly but executed by the YSK. It should be rectified immediately. We strongly condemn the decision drags Turkey into chaos and civil war and call on the international public opinion to be sensitive about the revoke of the decision on Mr. Hatip Dicle.


23rd of June 2011
EUTCC- Press Release
The EUTCC strongly appeals to the Turkish Supreme Election Board (YSK) to reconsider its ill-timed and overly hasty decision to ban Hatip Dicle from taking the seat in the Turkish parliament he legitimately won last week in the national elections held on 12 June 2011. At a time when all hopes are on the new parliament preparing a new, more democratic constitution for Turkey, the YSK’s decision to ban Hatip Dicle threatens to prevent Turkey from providing its citizens with this much-needed new constitution. Thus, the EUTCC appeals to the patriotism and good common sense of the YSK to encourage and further the hopes of all patriotic citizens of Turkey to enjoy the fruits of a new constitution which can only be achieved by allowing all those who have been legitimately elected to parliament to take their seats promptly.