Letter to the OSCE/Parliamentary Assembly - Brief an die Parlamentarische Versammlung der OSZE


Letter to the OSCE/PA  
Dear Mrs Bargellini, Dear Mr. Simon,

We have just received the OSCE/PA report from the 13 June 2011- into the 12 June 2011 elections for the Turkish Grand National Assembly. We are writing this letter to express our perplexity about this report and its conclusions. 
The statements in the report are in contradiction to the observations of more than 140 independent electoral observers from all around the world, who observed the elections in the Kurdish provinces of Turkey. The OSCE/PA report reaches the conclusion that the elections were generally democratic and conducted within the rules.
The reports of the 140 independent observers strongly contradict that conclusion, pointing to irregularities, the intimidation of the population, citing incidents of attempted bribery and systematic offences against juridical regulations and democratic behavior.
In many cases, it is reported, there was a massive presence of police, military and secret service personnel in the close vicinity of polling stations and directly in front of the ballot boxes. As a result of this, we cannot speak of the democratic conduct of the elections. There are in addition documentations of cases where security forces and village guards voted instead of the population of whole villages. We must also acknowledge that the transfer and garrisoning of thousands of Turkish soldiers unduly influenced the election results and proved crucial in areas like Tunceli, Bitlis, Sirnak and Hakkari.
In addition, we would like to bring to your attention the provocations and intimidation by security forces against voters of the Labour, Freedom and Democracy block before, during and after the election. In the end this action led to several attacks against the civil population in Kurdistan, including especially the hand grenade, which was thrown into the celebrating population in Sirnak. This incident has to be seen as a direct violent assault on the free electoral expression and democratic will of the population in this region.
We would  appreciate it if you would pay attention to the observations and the reports of the independent electoral observers from Europe - and hope that this will lead to a preparation of a new revised OSCE/PA report. The OSCE/PA report in its current version means ultimately there is a legitimization for the undemocratic practices carried out in Turkey. As such the report will be interpreted by the Turkish Government as a legitimation for its undemocratic practices against the minority populations in the country. Accordingly the effect of this report does not give encouragement to the democratization of Turkey, but is rather a political stamp of approval from the EU for the violence and autocratic methods of the government.
We remain convinced that the EU is interested in a democratization of Turkey. But as we have explained, this flawed report will have a contrary effect to this. So we are sure that you will take into account the findings of the independent observer delegations and rethink the conclusions of the OSCE on this important election.
For your information we have attached the report of the electoral observer delegations and hope for your support in the struggle for more democracy in Turkey.
Yours sincerely
Sadik Kenan
In the name of the Kurdish organizations in Germany

YEK-KOM - Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V. (Federation of Kurdish Associations In Germany)
CENI - Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V. (Kurdish Women Office for Peace)
ISKU - Informationsstelle Kurdistan e.V. (Information Office Kurdistan)
YXK - Verband der Studierenden aus Kurdistan e.V. (Association of Students from Kurdistan)
KURD-AKAD - Netzwerk Kurdischer AkademikerInnen e.V.  (Network of Kurdish Academics)



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Brief an die Parlamentarische Versammlung der OSZE

Sehr geehrte Frau Bargellini, Sehr geehrter Herr Simon,

wir haben den Wahlbeobachtungsbericht der OSCE/PA vom 13. Juni 2011 zu den Parlamentswahlen 2011 in der Türkei erhalten und möchten mit diesem Schreiben unsere Verwirrung darüber zum Ausdruck bringen.

Die dortigen Feststellungen widersprechen den Beobachtungen von über 140 unabhängigen Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachtern aus der gesamten Welt, die sich zur Zeit der Parlamentswahlen in sämtlichen kurdischen Provinzen der Türkei aufhielten. In dem OSCE/PA Bericht heißt es, dass die Wahlen im Großen und Ganzen demokratisch und geordnet abgelaufen sind. Sämtliche 140 Beobachter berichten dagegen unabhängig voneinander und übereinstimmend von  Unregelmäßigkeiten, Bedrohungen der Bevölkerung, Bestechungsversuchens owie systematischen Verstößen gegen rechtliche Regulierungen und demokratische Gepflogenheiten.

Zu diesen Verstößen zählen vor allem die massive Polizei-, Militär- und Geheimdienstpräsenz in der Umgebung der Wahllokale.  Diese dokumentierte und belegbare Präsenz war sehr oft auch unmittelbar an der Wahlurne direkt zu beobachten, so dass hier nicht von demokratischen Verhältnissen gesprochen werden kann. Es gibt zudem einige dokumentierte Fälle, in denen die Sicherheitskräfte, mit Hilfe von Dorfschützern, für sämtliche Wahlberechtigten in Dörfern Stimmzettel gestempelt und eingeworfen haben. Des Weiteren kann auf die Verlegung und Stationierung von tausenden Soldaten zur Wahlbeeinflussung hingewiesen werden, die vor allem in Tunceli, Bitlis, Sirnak, Hakkari und Kars, im Wahlergebnis bemerkbar ihren Ausdruck gefunden haben.

Darüber hinaus möchten wir auf die Provokationen und Drohungen seitens der Sicherheitskräfte gegen potenzielle Wähler des Blocks für Arbeit, Freiheit Demokratie im Umfeld der Wahlen hinweisen, die in mehreren Anschlägen gegen die Zivilbevölkerung in Kurdistan gemündet sind. Hierbei ist der Anschlag in Sirnak, wo eine Handgranate/Bombe in die feiernde Menge geworfen wurde, besonders perfide und kann als eine direkte, gewalttätige Sanktion des demokratischen Willens der Bevölkerung betrachtet werden.

Wir fordern Sie auf - sich mit den Beobachtungen der unabhängigen Wahlbeobachter aus Europa auseinanderzusetzen - und diese in einen neuen, korrigierten Bericht der OSCE/PA einfließen zu lassen. Der unvollständige Bericht der OSZE/PA bedeutet in letzter Konsequenz eine Legitimation für undemokratische Vorgehensweisen in der Türkei.  Eine derartige Dokumentation kann die Türkische Regierung als Bestätigung ihres undemokratischen Vorgehens gegen die Minderheiten im Land werten. Demzufolge ist dieser Bericht kein Beitrag zur Demokratisierung der Türkei, sondern viel eher  eine politische Zustimmung der EU zu weiteren gewaltförmigen und autokratischen Vorgehensweisen.

Da auch wir der Ansicht sind, dass die EU an einer Demokratisierung der Türkei interessiert ist - und wie gezeigt, mit diesem unvollständigen Bericht eine gegenteilige Wirkung erzielt wird -  werden Sie sich sicherlich der Ergebnisse der unabhängigen Beobachterdelegationen annehmen.

Wir übersenden Ihnen den Bericht der Wahlbeobachterdelegationen im Anhang und hoffen auf Ihre Unterstützung in der Auseinandersetzung um mehr Demokratie in der Türkei.

Mit freundlichen Grüßen
Sadik Kenan
In Namen der kurdischen Institutionen in Deutschland

YEK-KOM - Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.
CENI - Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
ISKU - Informationsstelle Kurdistan e.V.
YXK - Verband der Studierenden aus Kurdistan e.V.
KURD-AKAD - Netzwerk kurdischer AkademikerInnen e.V.